Kulturtag

Das Leben in allen Facetten

Junge Forscher*innen im Saußbach, Schüler*innen beim Töpfern, Experimentieren mit einem solarbetriebene Auto, Spaß mit riesigen Seifenblasen, Besuch der Synagoge in Straubing und der Designabteilung der Universität Linz

Gymnasium Freyung organisiert für alle Jahrgangsstufen ein vielfältiges Programm

 

Seit nunmehr zwei Jahren gehört der Kulturtag fest zum Veranstaltungskalender des Gymnasiums Freyung und erfreut sich sowohl bei Schülerinnen und Schülern als auch den Lehrerinnen und Lehrern großer Beliebtheit. Denn für jede Klassenstufe gibt es Spannendes zu entdecken. Die einen fahren dafür in ein Nachbarland, andere erkunden die nähere Umgebung der Schule und wieder andere machen eine Zeitreise.

 

Einen Tag mit der Steinzeit verbrachten beispielsweise die 6. Klassen. Wie fertigten die Steinzeitmenschen ihre Werkzeuge? Wo finde ich heute noch Überreste? Wie arbeitet ein Archäologe? Das sind nur einige der Fragen, auf die sich die Sechstklässler beim Vortrag von Lothar Breinl, Grabungstechniker beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, Antworten erhofften, als dieser das Gymnasium Freyung besuchte. Während seines Referats, bei dem es zu jedem Zeitpunkt möglich war, weitere Frage direkt an den Spezialisten zu stellen, erfuhren die Schülerinnen und Schüler genau das: Der berühmte Feuerstein, Grundlage für praktisch sämtliche Werkzeuge in der Steinzeit, kommt als Gesteinsart nur bei Kelheim vor und machte dessen Besitzer im wahrsten Sinn des Wortes steinreich. Seine Verbreitung lässt sich in einem Umkreis von etwa 800 Kilometern nachweisen. Auch als Grabbeigabe war er beliebt. Diese Gräber können in recht großer Zahl z. B. durch Luftbildaufnahmen von Feldern anhand der unterschiedlichen Bodenfärbung und Furchenbildung ausfindig gemacht werden. Dass ein Archäologe zur Rekonstruktion der Lebensweise auch praktische Versuche unternimmt, veranschaulichte Lothar Breinl u. a. mit Dias von einem neolithischen Lageraufenthalt oder indem er mit Feuerstein und Zunder selbst ein kleines Feuer entfachte. Anschließend konnten sich die Mädchen und Jungen selbst im Anfertigen von steinzeitlichen Gebrauchs- und Kunstgegenständen üben. Sehr beliebt war dabei ein verzierter Pfeil mit authentischer Spitze aus Feuerstein oder auch der Halsschmuck mit Muschel.

 

Nicht ganz so tief wie Archäologen gruben die Fünftklässler, die unweit der Schule bei schönstem Frühlingswetter die Bodenorganismen im Wald und Gewässerorganismen im Saußbach untersuchten. Sie stellten dabei fest, dass man sich Zeit nehmen soll und an den richtigen Stellen suchen muss, damit man die Vielfalt in der Welt der kleinen Lebewesen erkennen kann.

 

Auch nah am Wasser verbrachten die 7. Klassen einen im doppelten Sinne hochspannenden Exkursionstag beim Kraftwerk Jochenstein und standen den ganzen Vormittag buchstäblich „unter Strom“. Zuerst brachte eine Führung durch die eindrucksvolle Technik und die großformatigen Gebäude des Laufwasserkraftwerkes an der deutsch-österreichischen Grenze Einblicke in eine derartige Stromerzeugungsanlage und es konnten sogar die Vibrationen der riesigen Turbinen gefühlt werden. Anschließend durften die Schüler selbsttätig im benachbarten Haus am Strom umweltfreundliche Elektrizität mit Hilfe kleiner Solarzellen erzeugen und damit ein Solarautomodell antreiben, das dann gleich neben dem großen Energielieferanten in einem kleinen Rennen getestet wurde.

 

Ähnlich experimentell waren die 8. Klassen unterwegs, die der Exkursionstag in diesem Jahr in das Bayerwald Xperium in St. Englmar führte. Hier wurde an über 100 Experimentierstationen gekurbelt, gedreht, geschoben, gezogen, gehoben und geschubst. So kann z. B. ein ca. 200 kg schwerer Roller auch von den Kleinsten mit Hilfe eines XXL-Hebels angehoben werden, nur mit ein paar Brettern, also ganz ohne Schrauben und Nägel, eine stabile Brücke gebaut werden, der ganze Körper von einer riesigen Seifenblase verschluckt oder der Pirouetteneffekt am eigenen Körper erfahrbar gemacht werden. Wie schon Konfuzius sagte:

 

"Erzähle es mir und ich werde es vergessen,

zeige es mir und ich werde mich erinnern,

lass es mich tun und ich werde es verstehen."

 

Nicht vergessen, sich erinnern und verstehen – das war auch das Motto der 9. Klassen, die sich auf den Weg nach Straubing machten, um die einzige niederbayerische Synagoge zu besuchen. Sie erhielten dort eine Lehrstunde in Sachen interreligiöser Dialog. Natürlich mussten die männlichen Schüler und Lehrer die Kippa (jüdische Kopfbedeckung) oder eine andere Kopfbedeckung tragen. Die Gymnasiasten erfuhren Wissenswertes über die neobyzantinische Synagoge von 1907, die Geschichte der Juden, ihrer israelitischen Kultusgemeinde in Straubing und deren heutige Situation. Referentin Svetlana Zap gewährte den Zuhörern sehr plastische, informative und aufschlussreiche Einblicke in das jüdische Brauchtum und Leben: Berit Mila (Beschneidung), Bar Mizwa (die jüdische „Firmung bzw. Konfirmation“), Kidduschin (Hochzeit), Pessach (jüdisches „Ostern“), Channukka (das jüdische „Weihnachten“), Menoraleuchter, Davidstern und Toraschrein sind nun für die Neuntklässler keine unverständlichen Begriffe mehr. Am Schluss bot sich noch die Gelegenheit für interessierte Fragen, die auch dankbar genutzt wurde. Besonders wichtig war es der Referentin, immer wieder auf die Zusammenhänge zwischen der jüdischen und der christlichen Religion hinzuweisen. Ihre mehrfach geäußerte Mahnung „Judentum und Christentum sind wie Geschwister“ werden die Freyunger Schülerinnen und Schüler wohl nicht mehr so schnell vergessen.

 

An Straubing vorbei in die größte Stadt der Oberpfalz zog es die Jahrgangsstufe 11. Dass Regensburg jede Menge kultureller Schätze zu bieten hat, bemerkten die Schülerinnen und Schüler schon allein bei der Fahrt durch die Universitätsstadt. Des Weiteren beschäftigen sie sich mit der Kultur des studentischen Lebens und besuchten u. a. die Bibliothek an der Universität Regensburg.

 

Ebenfalls eine Universitätsstadt hatten sich die Zehntklässler zu ihrem Ziel erkoren. Nach Linz, der Stahlstadt mit viel Kultur, bewegten sie sich bei bestem Wetter am diesjährigen Kulturtag durch die frühlingsgrünen Hügel des Mühlviertels. Dort konnten die Schüler im ArsElectronicaCenter den digitalen Techniken der Zukunft hautnah begegnen, im Museum Lentos die Kunst der Gegenwart im Original erleben oder im Musiktheater Linz – einem der modernsten Konzerthäuser Europas – einen Blick hinter die Kulissen werfen. Dass es auch ein Leben nach der Schule gibt, erfuhren die Schüler an der Kunstuniversität Linz. Hier führten Studenten durch die Ateliers und Werkstätten der Lehrstühle für Produktdesign und Architektur und informierten über Leben und Studieren in Linz. Eine ausgedehnte Mittagspause bot die Gelegenheit, die Altstadt von Linz auch in gastronomischer Hinsicht zu erleben.

So kamen am Ende des Tages alle Freyunger Schülerinnen und Schüler im besten Sinne weitergebildet wieder nach Hause zurück und freuen sich schon auf den Kulturtag im nächsten Jahr!

 

(Tanja Wagner, Markus Michel, Michael Behringer, Franz Anleitner, Josef Müller, Marcus Güll-Uhrmann und Franz Häuslmeier)